Wolfgang Hawly

Die Kluft zwischen Arm und Reich wächst.                                                 Einkommen unter 979 Euro                                                                                           3,1 Millionen Erwerbstätigen droht die Armutsfalle!

Immer mehr Erwerbstätige können laut Statistischem Bundesamt kaum von ihrem Einkommen leben. Ende 2013 bezogen rund 3,1 Millionen Erwerbstätige ein Einkommen unterhalb der Armutsschwelle.

Das waren 25 Prozent mehr als im Jahr 2008, als diese Zahl noch bei rund 2,5 Millionen lag, wie die „Saarbrücker Zeitung“ unter Berufung auf eine Sonderauswertung der Statistiker berichtete.

Armutsgefährdet: 979 Euro im Monat

Demnach ergaben Haushaltsbefragungen, dass 379.000 der  armutsgefährdeten Erwerbstätigen im Jahr 2013 ihre Miete nicht rechtzeitig bezahlen konnten. 417.000 verzichteten auf ein angemessenes Heizen, und 538.000 sparten beim Essen, indem sie nur jeden zweiten Tag eine vollwertige Mahlzeit zu sich nahmen. Für rund jeden zweiten Betroffenen (1,5 Millionen) sei bereits ein einwöchiger Urlaubsaufenthalt im Jahr nicht bezahlbar gewesen. Fast 600.000 Betroffene hätten sich kein eigenes Auto leisten können.

Als armutsgefährdet gilt dem Bericht zufolge, wer einschließlich aller staatlichen Transfers wie zum Beispiel Wohn- oder Kindergeld weniger als 60 Prozent des mittleren Einkommens erzielt. 2013 lag diese Schwelle in Deutschland bei 979 Euro netto im Monat.

Wolfgang Hawly

Nach Währungs-Hammer: Schweizer Notenbank muss Franken weiter stützen

Die Freigabe des Franken-Kurses ist für die Schweizer Wirtschaft ein Schock. Die Nationalbank interveniert nun offenbar heimlich weiter, damit der Franken nicht noch mehr aufwertet. Dafür spricht ein starkes Indiz.

Die Flucht internationaler Anleger in die Schweiz hält an. Reiche Ausländer tauschten in der vergangenen Woche wieder Milliardenbeträge in Franken, obwohl sie für die Schweizer Währung nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses deutlich mehr zahlen müssen.

Zudem müssen sie mit Negativzinsen auf Vermögen rechnen, die sie in der Schweiz parken.

Wenn Euro und Dollar in Franken getauscht werden, landet das Geld auf den Konten der Banken bei der Schweizer Notenbank. Die Guthaben dort stiegen in der vergangenen Woche sprunghaftum 26 Milliarden auf 365 Milliarden Franken, wie die Schweizerische Nationalbank (SNB) am Montag mitteilte.

Aufschlussreiches Indiz

Der jüngste Anstieg, der höchste in einer Woche seit März 2013, sei ein sehr starker Hinweise dafür, dass die SNB auch nach der Aufhebung des Mindestkurses weiterhin im Markt interveniert, erklärte ein Devisenexperte der Credit Suisse.

Zugleich erhöhte die SNB den ab dem 22. Januar geltenden Negativzins auf Einlagen der Banken auf 0,75 Prozent von zuvor angekündigten 0,25 Prozent. Die Währungshüter hoffen, dass große internationale Anleger wie etwa Hedgefonds deshalb ihr Geld nicht mehr in Franken sondern etwa in den USA anlegen. Eine Reihe von Geschäftsbanken kündigte an, die Negativzinsen an Großkunden weiterzugeben.

Die Währungshüter wollen eine noch stärkere Aufwertung des Frankens verhindern, die Schweizer Güter im Ausland verteuert und Industrie und dem Tourismus-Gewerbe das Leben schwermacht.

Darbende Banken

Mitte Januar hatte die Notenbank die Verteidigung der Euro-Untergrenze von 1,20 Franken aufgegeben. Unmittelbar danach gewann der Franken im Vergleich zum Euro massiv an Wert. Am Montag notierte der Euro bei 0,9910 Franken.

Für die Schweizer Exportwirtschaft ist das ein Fluch: Ihre Produkte verteuern sich im Ausland – oder die Firmen verzichten auf Gewinne.

Auch die Schweizer Banken leiden: Die Credit Suisse hatte mitgeteilt, dass sich die Frankenaufwertung nach der Aufhebung des Euro-Mindestkurses durch die Schweizer Notenbank auf die Gewinnentwicklung des Bankenhauses auswirken könnte. So schlage sich eine zehnprozentige Wechselkursänderung zum Dollar mit 439 Millionen Franken im Vorsteuergewinn nieder. Beim Euro seien es 180 Millionen Franken.

Wolfgang Hawly

Schüler beschweren sich: Wir wurden zur Toleranz-Demo gezwungen

1000 Schüler der fünf Europaschulen in Lübeck gingen bei einer Demonstration für Freiheit, Toleranz und Weltoffenheit auf die Straße. Wenige Tage später werden schwere Vorwürfe laut. Im Internet beschweren sich Schüler, die Schulleitung habe sie zur Teilnahme gezwungen.

Schwere Vorwürfe nach Lübecker Schülerdemo: 1000 Schüler der fünf Europaschulen demonstrierten am Mittwoch vergangener Woche mit Plakaten für Freiheit, Toleranz, Weltoffenheit, Vielfalt und Respekt, wie die Online-Ausgabe der„Lübecker Nachrichten“berichtet. Die positive Bilanz von Schule und Polizei wird nun überschattet.

DieFacebook-Seite der Zeitungwird von kritischen Kommentaren geflutet. „Das war eine Zwangsveranstaltung für uns Schüler. Ich musste da hin und meine Anwesenheit wurde überprüft!“, schreibt ein Schüler und fügt an: „Ich denke, wenn es keine Pflicht gewesen wäre, dann hätte man nur die Hälfte der Menschen dort angetroffen. “

Schulveranstaltung aus Versicherungsgründen

„Es war keine Demonstration, sondern eine Aktion von den Schulen“, kommentiert ein anderer. Ein weiterer beschwert sich: „Das hat mit Toleranz gar nichts zu tun, Toleranz  wird uns doch aufgedrückt!“

Die Leiter der fünf Europaschulen weisen die Vorwürfe zurück. Auf Nachfrage von FOCUS Online bestätigte die Baltic-Schule, dass die Schüler nicht gezwungen worden sein. „Die Demonstration wurde als Schulveranstaltung ausgewiesen, damit die Beteiligten auf dem Weg versichert sind“, zitieren die „Lübecker Nachrichten“ den Leiter der Friedrich-List-Schule, Stephan Cosmos. Ohnehin seien nur Schüler betroffen gewesen, die in der siebten und achten Stunde Unterricht gehabt hatten. Allen anderen hätte die Teilnahem freigestanden.

Wolfgang Hawly

Wohin steuert Griechenland?                                                                                     Warum Tsipras sich an der EU die Zähne ausbeißen wird!

Alexis Tsipras ist der strahlende Sieger in Griechenland. Doch bereits heute könnte ihn die Realität einholen. Mit seinen Maximalforderungen wird er scheitern. FOCUS Online hat vier Griechenland-Experten gebeten, die Wahl zu analysieren.

Griechenland hat gewählt. Klarer Wahlsieger ist das Links-Bündnis Syriza und ihr Vorsitzender Alexis Tsipras – auch wenn die Partei die absolute Mehrheit knapp verfehlt hat. Tsipras hatte schon im Vorfeld eine Abkehr von der Sparpolitik gefordert und will einen Schuldenschnitt für sein Land.

Wie ist das Wahlergebnis zu bewerten, was bedeutet das für Deutschland und tritt Griechenland jetzt aus dem Euro aus? FOCUS Online hat vier Griechenland-Experten um ihre Meinung gebeten.

Jürgen Matthes, Leiter Internationale Wirtschaftsordnung und Konjunktur IW Köln:

Eurozone, Staatsverschuldung, Alexis Tsipras, Syriza, Parlamentswahl, Griechenland

IW KölnJürgen Matthes, Konjunkturforscher am Institut der deutschen Wirtschaft Köln (IW)

1. Ist das Wahlergebnis eine gute oder eine schlechte Nachricht?

Es ist ein erstaunlich deutlicher Sieg. Ob der sich als gut für Griechenland erweist, muss sich jedoch erst zeigen. Syriza-Chef Alexis Tsipras hat vor der Wahl ganz unterschiedliche Signale ausgesandt, je nachdem, mit wem er gesprochen hat. Jetzt muss sich zeigen, was er tatsächlich tut. Er hat den Griechen dieIllusionverkauft, dass man Reformen verweigern kann und trotzdem im Euro bleiben kann. Das geht jedoch nicht.

2. Was bedeutet das für Deutschland?

Das hängt davon ab, was Tsipras macht. Wenn er einen pragmatisch-realpolitischen Kurs fährt, gibt es kaum Auswirkungen auf Deutschland. Der Euro ist zwar gefallen, wird sich aber wieder stabilisieren. Sollte Tsipras jedoch wirklich einen Austritt oder Schuldenschnitt wollen, würde Deutschland darunter leiden. Das würde Löcher in den Staatshaushalt reißen – in welcher Höhe kann man jetzt noch nicht sagen.

3. Verlässt Griechenland jetzt den Euro?

Die Mehrheit der griechischen Wähler möchte das nicht, möchte aber offenbar einen Politikwechsel. Dabei kann man nicht alles auf einmal haben. Sollte Tsipras langfristig alle Reformen verweigern, wird er den Euroraum verlassen müssen. Dafür gibt es keinen vorgezeichneten Rechtsweg, weshalb ein Euro-Austritt sehr chaotisch verlaufen könnte. Auf jeden Fall dürfte ein solcher Schritt Griechenland in eine tiefe Krise stürzen. Das wäre eine große Enttäuschung für viele Syriza-Wähler.

Holger Schmieding, Chefökonom Berenberg Bank:

Eurozone, Staatsverschuldung, Alexis Tsipras, Syriza, Parlamentswahl, Griechenland

BERENBERG BANKHolger Schmieding

1. Ist das Wahlergebnis eine gute oder eine schlechte Nachricht?

Das Ergebnis ist ein großes Problem für Griechenland und ein kleines Problem für Europa. Das Problematische ist, dass Syriza den Griechen das Unmögliche versprochen hat. Tsipras will Geld ausgeben, das er nicht hat. Er will einen Schuldenschnitt und weiter Hilfe von Europa, ohne reformieren zu müssen. Da steht den Griechen noch ein Realitätsschock bevor. Geld wird er nur bekommen, wenn er sich an Vorgaben hält.

2. Was bedeutet das für Deutschland?

Die Auswirkungen der griechischen Wahl auf Deutschland sind nicht allzu groß – wie groß, wird sich erst in ein paar Monaten zeigen. Wenn Tsipras, wie zu erwarten, doch die alte Politik weitgehend weiterführt, wird das gar keine Auswirkungen auf Deutschland haben. Sollte Griechenland sich jedoch tatsächlich aus dem Euro verabschieden und sein Geld selbst drucken, kommen auf Europas Steuerzahler Abschreibungen zu. ZumGlückist die Gefahr heute gering, dass ein „Grexit“ einen Flächenbrand auslösen könnte. Ansteckungsgefahren haben wir weitgehend im Griff.

Thomson Reuters Hier erklärt Tsipras die Sparpolitik für beendet

3. Verlässt Griechenland jetzt den Euro?

Ich sehe ein Risiko von 30 Prozent, dass Tsipras seine teuren Wahlversprechen tatsächlich umsetzt. Wenn er Geld ausgeben will, dass er nicht hat, muss er es sich selbst drucken, also aus dem Euro austreten. Wahrscheinlicher ist jedoch, dass sich die Vernunft durchsetzt und er die Verpflichtungen gegenüber Europa doch weitgehend erfüllt und die Reformen fortführt.

FOCUS Online Von wegen großer Sieger: Europas großer Verlierer heißt jetzt Alexis Tsipras

Jörg Rohmann, Chefanalyst Alpari Deutschland:

Eurozone, Staatsverschuldung, Alexis Tsipras, Syriza, Parlamentswahl, Griechenland

Rohmann ist Chief Market Analyst beim Devisenbroker Alpari

1. Ist das Wahlergebnis eine gute oder eine schlechte Nachricht?

Eine schlechte Nachricht. Eine Regierung der Syriza bedeutet, dass wir auf einen Konflikt zusteuern. Die Gläubiger wollen hart bleiben, weil sie keinen Präzedenzfall schaffen möchte in Form eines Schuldenerlasses. Gerade wegen der bevorstehenden Wahlenin Italienund Spanien. Zudem dürfen EZB und IWF wegen ihrer Statuten keinem Schuldenschnitt zustimmen. Also kommen nur die anderen Euro-Staaten infrage.

2. Was bedeutet das für Deutschland?

Angela Merkel steht vor einer schwierigen Situation. Sie darf einem Schuldenschnitt nicht zustimmen. Damit hätte sie ihr Wort gebrochen. Deutschland hat immer gesagt: Wir geben Geld und die anderen machen Reformen. Immerhin stehen jetzt 50 Milliarden an Direktkrediten zur Disposition, die zu 20 Prozent von Privatinvestoren gehalten werden. Die Kanzlerin hat die AfD innenpolitisch im Rücken. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie einen Schuldenschnitt innenpolitisch durchbekommt. Ihr Gesichtsverlust wäre massiv.

3. Verlässt Griechenland jetzt den Euro?

Der Austritt Griechenlands aus dem Euro darf nur die letzte Option sein. Momentan sehe ich noch eine andere Chance: EinenKompromisszwischen Griechenland und den Gläubigern durch eine Verlängerung der Hilfskredite. Das ist de facto ein Schuldenschnitt, also ein fauler Kompromiss, man könnte ihn aber politisch besser verkaufen. Jeder weiß: Am Ende wird es irgendwie zu einem Schuldenschnitt kommen. Griechenland kann mit dem momentanen Schuldenberg nicht lange durchhalten.

Markus Kaiser, Griechenland-Experte der Friedrich-Naumann-Stiftung

Eurozone, Staatsverschuldung, Alexis Tsipras, Syriza, Parlamentswahl, Griechenland

Markus KaiserMarkus Kaiser

1. Ist das Wahlergebnis eine gute oder eine schlechte Nachricht?

Das Wahlergebnis ist eine Chance, dass sichin Griechenland strukturell etwas ändert. So wie es drei Jahre lang kaum voran gegangen ist, konnte es nicht weitergehen. Tsipras wird aber nicht so leichtsinnig sein, gleich mit der Maximalforderung eines Schuldenschnitts nach Brüsselzu fahren. Dann würden sich die europäischen Partner, die ohnehin am längeren Hebel sitzen, stur stellen und Tsipras Schiffbruch erleiden. Das weiß Tsipras. Er muss eine Lösung gemeinsam mit der EU finden. Dabei könnte ihm ein Koalitionspartner wie die links-liberale und reformorientierte To Potami helfen. Tsipras könnte sagen: Ich muss die Reformen wegen meines Koalitionspartners machen und so Kritiker in seiner eigenen Partei ruhigstellen.

2. Was bedeutet das für Deutschland?

Deutschland hat zu lange beide Augen zugedrückt, was die Reformwilligkeit der jetzt abgewählten Regierung angeht. Die Troika hat Samaras erlaubt, sich von Strukturreformen durch Steuererhöhungen für die Mittelschicht ‚freizukaufen‘. Mittelfristig wird es auf einen Kompromiss hinauslaufen, den man ja nicht Schuldenschnitt nennen muss. Man könnte bsp. die Kreditlaufzeit verlängern. Griechenland hat offiziell noch Zeit bis Ende Februar. Die anderen Euro-Staaten werden sich mit Griechenland arrangieren müssen.

3. Verlässt Griechenland jetzt den Euro?

Nein. Niemand hat ein Interesse daran, dass Griechenland die europäische Währungsunion oder die EU verlässt. Was nicht sein darf, das wird nicht sein. Die Euro-Zone kann sich in der derzeitigen Situation keine Experimente leisten. Ich persönlich glaube zudem an die europäische Solidarität. Es geht nicht nur um Finanzielles, sondern auch um die vielen europäischen Errungenschaften wie etwa den Binnenmarkt, die Europa ausmachen. Das darf man nicht einfach über Bord werfen.

Wolfgang Hawly

Großer Gesundheits-Check: Zu welchen Kassen Sie jetzt wechseln sollten

Seit Jahresbeginn können die Krankenkassen Zusatzbeiträge frei festlegen. Viele Versicherte sind davon betroffen und planen einen Kassenwechsel. Bei welchen Anbietern sie den besten Mix aus guter Versorgung und attraktivem Beitrag finden.

Neues Jahr, neue Regeln. Zum 1. Januar hat die Bundesregierung den gesetzlichen Krankenkassen wieder mehr Autonomie bei der Beitragsgestaltung gegeben. In den letzten Tagen des abgelaufenen Jahres lag in den Briefkästen der rund 52,5 Millionen Mitgliedern der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) eine Mitteilung, welchen Zusatzbeitrag ihre Kasse ab 2015 erhebt.

Für zahlreiche Versicherte dürfte das eine Überraschung gewesen sein. Laut einer repräsentativen Umfrage des Verbraucherportals Verivox hatten 40 Prozent der gesetzlich Versicherten bis Anfang Dezember von der Gesetzesänderung noch nichts mitbekommen.

Also noch mal Aufklärung: Bis Ende 2014 setzte sich der Beitrag zur gesetzlichen Krankenversicherung jeweils zur Hälfte aus von Arbeitnehmer und Arbeitgeber zu tragenden 14,6 Prozent sowie 0,9 Prozent des nur vom Arbeitnehmer zu tragenden Sonderbeitrags vom Bruttolohn zusammen. Für die Beitragsberechnung wird dabei nur das Einkommen bis zur Beitragsbemessungsgrenze herangezogen, die aktuell bei 4125 Euro monatlich liegt.

Darüber hinaus konnten die Kassen eine pauschale Zusatzprämie von ihren Mitgliedern verlangen, wenn das Geld nicht reichte – oder auch pauschale Beitragsprämien an diese auszahlen, wenn die Kassenlage es erlaubte. Seit 1. Januar gibt es Sonderbeitrag, Zusatz- und Beitragsprämie nicht mehr. Der allgemeine Beitragssatz wurde bei 14,6 Prozent eingefroren, von denen Arbeitgeber und -nehmer je 7,3 Prozentpunkte zahlen.

Benötigt eine Kasse zusätzliche Mittel über die Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds hinaus, kann sie sich diese künftig durch einen frei festsetzbaren prozentualen Zusatzbeitrag von ihren Mitgliedern holen. Die Beitragsbemessungsgrenze gilt dabei weiterhin.

Bis zu 54 Euro Sparpotenzial im Monat

Laut offizieller Liste des GKV-Spitzenverbands verzichten drei der 124 für die Allgemeinheit geöffneten und betriebsbezogenen Kassen komplett auf einen Zusatzbeitrag, wobei die Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) generell keinen Zusatzbeitrag erhebt. 64 Kassen haben den Satz in der Bandbreite von 0,3 bis 0,8 Prozentpunkten festgelegt, 50 bei den bislang gewohnten 0,9 Prozentpunkten. Acht Kassen verlangen 1,2 bis 1,3 Prozentpunkte Aufschlag.

Ein Kassenwechsel verspricht also im besten Fall eine Ersparnis von fast 54 Euro im Monat. Ein solcher Betrag ist jedoch nicht überall zu realisieren, stehen doch nicht alle Kassen den Versicherten in allen Bundesländern gleichermaßen offen. Überdies sind 32 Kassen den Mitarbeitern bestimmter Unternehmen beziehungsweise im Fall der SVLFG landwirtschaftlichen Betrieben vorbehalten.

Wichtiger sind die Leistungen der einzelnen Kassen

Die Kassenwahl allein nach dem Zusatzbeitrag zu richten, ist ohnehin kein guter Plan. Die Kosten sollten immer im Zusammenhang mit den Leistungen gesehen werden. Schließlich kann sich eine Kasse einen niedrigen Zusatzbeitrag auch durch Streichungen auf der Leistungsseite „ersparen“. Zudem ist der Zusatzbeitrag nicht in Stein gemeißelt. Die Kassen können ihn jederzeit neu festsetzen.

Zusatzbeitrag, GKV, Beitragsbemessungsgrenze, Beitragssatz, Gesundheitsfonds, Zusatzversicherung

DFSI

Zusammen mit dem Deutschen Finanz-Service Institut (DFSI) in Köln hat FOCUS-MONEY die 92 für die Allgemeinheit geöffneten Kassen unter die Lupe genommen und deren Abschneiden in den Bereichen Service, alternative Medizin, besondere ambulante/integrierte Versorgung, Gesundheitsförderung, Zusatzleistungen, zahnmedizinische Versorgung, Zusatzversicherungen, Bonus/Vorteilsprogramme und Wahltarife bewertet und ins Verhältnis zum Beitrag gesetzt. Von 51 Kassen lagen dabei zum Stichtag 6. Januar verwertbare Daten vor.

Zusatzbeitrag, GKV, Beitragsbemessungsgrenze, Beitragssatz, Gesundheitsfonds, Zusatzversicherung

DFSI

Unter den zehn besten regionalen und bundesweiten Kassenfinden sich dabei nur vier Preisbrecher, die mit einem Zusatzbeitrag ins Rennen gehen, der um 0,5 oder mehr Punkte unter dem bis Ende 2014 geltenden Gesamtbeitragssatz von 15,5 Prozent liegt. Das Gros indes bewegt sich vorerst um diese Marke, kann also vor allem auf Grund des umfangreichen Leistungsangebots punkten.

Sonderkündigungsrecht nutzen

Wer jetzt seine Kasse wechseln möchte und noch nicht 18 oder mehr Monate bei seiner aktuellen Kasse versichert ist, muss bis Ende Januar die Kündigung einreichen. Wegen der erstmaligen Erhebung des Zusatzbeitrags besteht nämlich ein Sonderkündigungsrecht. Die Kündigung wird dann zum Ablauf des übernächsten Kalendermonats – also zum 31. März – wirksam.

Wer bereits anderhalb oder mehr Jahre bei seiner Kasse versichert ist, hat mehr Zeit. Eine Kündigung ist dann jederzeit mit einer Frist von zwei Monaten zum Monatsende möglich. Erhöht eine Kasse künftig ihren Zusatzbeitrag, gilt ebenfalls ein Sonderkündigungsrecht und zwar in dem Monat, in dem die Erhöhung greift. Damit Mitglieder nicht Gefahr laufen, den Termin zu verpassen, muss die Kasse über die Anpassung vorab schriftlich informieren.

Kassen im Preis-Leistungs-Check

Zusatzbeitrag, GKV, Beitragsbemessungsgrenze, Beitragssatz, Gesundheitsfonds, Zusatzversicherung

DFSIStand: 6.1.2015; dunkelgrün = bundesweit geöffnet, hellgrün = regional geöffnet

Top-Kassen nach Beitragssätzen

Krankenkasse
(für mehr Infos anklicken)
Antrags-
formular
Kassenindividueller Beitragssatz
Metzinger BKK
14,60%
BKK EUREGIO Antrag
14,60%
AOK PLUS Antrag
14,90%
AOK Sachsen-Anhalt Antrag
14,90%
BKK Faber-Castell & Partner
14,95%
BKK VDN
15,00%
hkk Krankenkasse Antrag
15,00%
BKK Scheufelen Antrag
15,00%
Salus BKK Antrag
15,10%
BKK Schwarzwald-Baar-Heuberg
15,10%

Wolfgang Hawly

BMW-Vertriebsvorstand: Wollen i-Serie für Elektroautos weiter ausbauen

BMW stand im Jahr 2014 wie kaum ein anderer Autohersteller für Elektromobilität. i3 und i8 kamen mit viel Getöse auf den Markt. Dafür verloren die Münchner im Luxussegment an Boden. Wie BMW wieder angreifen will, erklärt Marketingvorstand Ian Robertson.

Für den Autohersteller BMW war es das Jahr der Elektromobilität. Die Elektroautos i3 und i8 mischten den Markt gehörig auf. Dafür wildert die Konkurrenz im Markenkern der Münchner: dem Luxussegment. Doch schon bald will BMW kontern. Wie, verriet Marketingvorstand Ian Robertson FOCUS Online am Rande des DLD 2015 in München.

FOCUS Online:Mercedes ist mit seiner S-Klasse momentan extrem erfolgreich und will bald eine neue Version des Maybachs bringen. Gerät BMW im Luxus-Segment ins Hintertreffen?

Ian Robertson:Überhaupt nicht. Unser aktuellerBMW 7er– der zeitweise Marktführer in diesem Segment war – verkauft sich weiterhin sehr gut, obwohl er sich dem Ende des Produktlebenszyklus nähert. In absehbarer Zeit werden wir also auch einen Nachfolger auf den Markt bringen.

FOCUS Online:Wie lange wird das noch dauern?

Robertson:Lassen Sie sich überraschen. Nur so viel: Der neue 7er wird ein herausragendes Auto. Was insgesamt das Thema Modellstrategie betrifft, nehmen wir in vielen Segmenten eine Vorreiterrolle ein. Nehmen Sie Beispielsweise das SAV-Segment, bei dem wir die Nase vorne haben – was die Stärke unseres Angebots zeigt. Wo wir mit einer zweiten Generation im Markt sind, starten andere Hersteller erst jetzt.

FOCUS Online:Und dennoch fehlt noch ein Super-Sportwagen im BMW-Portfolio…

Robertson:Wir haben mit unseren M-Fahrzeugen eine Reihe von Sportwagen im Programm. Und wir haben wir den i8. Top Gear, die meistgesehene Auto-TV-Show der Welt, hat den i8 zum Auto des Jahres ernannt. Dieser Plug-In-Hybrid Sportwagen habe den Begriff Sportwagen völlig neu definiert.

FOCUS Online:Einigen Kunden ist der i8 als Super-Sportwagen allerdings zu schwach.

Robertson:… davon habe ich noch nichts gehört. Wir könnten noch viel mehr i8 verkaufen, wenn wir nicht durch die Produktionskapazitäten beschränkt wären. Unsere Kunden schätzen es, wie perfekt beim i8 Dynamik und Nachhaltigkeit kombiniert werden. Er ist der Sportwagen der nächsten Generation.

Bald noch mehr i-Modelle

FOCUS Online:Also wird es keinen noch stärkeren i8 geben?

Robertson:Mit einer Beschleunigung von Null auf Hundert in 4,4 Sekunden bleiben beim i8 sicher keine Wünsche offen. Und das mit einem deutlich kleineren CO2-Ausstoß als herkömmliche Sportwagen. Natürlich haben wir grundsätzlich alle Möglichkeiten, was mögliche neue Modelle betrifft: So haben wir die gesamte Reihe zwischen i0 und i8 markenrechtlich schützen lassen.

FOCUS Online:Was ist ihre Erfahrung nach dem ersten Jahr mit der i-Serie?

Robertson:Wir sind mit der Nachfragen nach unseren BMW i Modellen sehr zufrieden, von denen wir im vergangenen Jahr insgesamt rund 18.000 Fahrzeuge verkauft haben. Die Lieferzeiten für den i8 waren angesichts der hohen Nachfrage zu lang, weshalb wir die Produktion im BMW Werk Leipzig weiter hochgefahren haben. Das Feedback der Kunden für den i3 und i8 ist sehr positiv. Der BMW i3liegt bei den reinen Elektrofahrzeugen weltweit an dritter Stelle, was die Verkaufszahlen betrifft.

Wolfgang Hawly

Noch wahnsinniger als in den USA…-Auswirkungen des Franken-Hammers: Dem Irrsinn sind Tür und Tor geöffnet

Der 15. Januar 2015 ist in die Geschichte eingegangen: Nach Jahren der krampfhaften Euro-Bindung hat die Schweizer Notenbank den Wechselkurs des Franken freigegeben – mit verheerenden Folgen für die Schweizer Exportwirtschaft.

Mit dem festgesetzten Mindestkurs von 1,20Franken je Euro beabsichtigte die Schweizer Notenbank (SNB) die Preisstabilität sicherzustellen, musste aber auch jede Aktion von EZB-Chef Mario Draghi mittragen. Um diesen Mindestkurs zu halten, setzte die SNB die freie Marktwirtschaft außer Kraft und intervenierte wiederholt am Devisenmarkt.

Aufgeblähte Bilanz der SNB

Das Ausmaß der Interventionen macht die Bilanzsumme der SNB deutlich. Die Devisenbestände der SNB sind auf 525,3 Milliarden Franken angeschwollen. Somit ist die Bilanzsumme mehr als dreimal so groß wie 2008. Es ist nicht von der Hand zu weisen, dass die Hüter der Schweizer Währung im Verhältnis fast genauso viel „Geld gedruckt“ haben wie die US-Notenbank Fed.

In Relation zur Wirtschaftskraft sieht es in der Schweiz sogar noch wahnsinniger aus als in den USA. Die Schweizer haben ihre Bilanzsumme auf 85 Prozent des Bruttoinlandsprodukts aufgebläht – die Amerikaner lediglich auf 27 Prozent. Folglich hat die SNB ungleich mehr Risiken in der Bilanz als die Fed.

Die Eidgenossen kapitulieren

Jetzt hat die SNB vor den weiteren Maßnahmen der EZB, die unbegrenzt Staatsanleihen aufkaufen und somit noch mehr Geld in das System pressen will, sowievor den Devisenmärkten endgültig kapituliert.Die Reaktion war knallhart – binnen kürzester Zeit gab es nur noch 0,86 Franken je Euro. In der Spitze stürzte der Euro zum Franken um knapp 30 Prozent ab, der größte Verlust seit Freigabe derWechselkurseim Jahr 1971.

Um die Attraktivität des Frankens zu mindern, hat die SNB parallel die Negativzinsen um 0,5 Punkte auf 0,75 Prozent gesenkt. Wer Franken hortet, wird mehr denn je zur Kasse gebeten. Ferner verschiebt die SNB das Zielband für ihren Referenzzins Dreimonats-Libor weiter in den negativen Bereich auf minus 1,25 bis minus 0,25 Prozent.

Schweizer Aktienkurse kollabieren

Dem Irrsinn sind Tür und Tor geöffnet. Verheerende Konsequenzen hatte die Entscheidung für den Schweizer LeitindexSMI – dieser verlor in der Spitze 14 Prozent. Parallel flüchteten die Investoren in Schweizer Anleihen. Die Nachfrage ist mittlerweile so hoch, dass selbst neunjährige Schweizer Staatspapiere eine negative Rendite aufweisen. Dies bedeutet nichts weiter, als dass die Schweiz sogar dann noch Geld von den Anlegern bekommt, wenn sie sich von ihnen für neun Jahre Geld ausleiht. Wer kann dies noch ernst nehmen?Aktien – Die Werte des Schweizer Aktienindex SMI

Besitzer von Fremdwährungskrediten stehen jetzt vor gewaltigen Problemen. Bis zum 15. Januar 2015 hat man für einen Euro rund 1,2 Franken bekommen. Erhält man zukünftig lediglich einen Franken für einen Euro, muss man für einen 100.000-Franken-KreditohneZinsenstatt 83.000 Euro nun 100.000 Euro zurückbezahlen.

Heute kann noch niemand endgültig die Folgen der Notenbank Entscheidung abschätzen. Die Auswirkungen für die Schweizer Exportwirtschaft werden voraussichtlich immens sein. Ein weiteres Mal ist Unmögliches möglich geworden, und das Kartenhaus Finanzsystem hat einen weiteren Schlag bekommen. Es ist mehr denn je an der Zeit, umzudenken. Noch ist Zeit, und nichts ist alternativlos. Ein spannendes Jahr steht uns bevor.

Wolfgang Hawly

Deutschland braucht mehr Wohnsiedlungen

Zwischen 1920 und 1980 schossen in Deutschland große Wohnhäuser aus dem Boden. Knapp vier Millionen Wohnungen bieten Platz für acht Millionen Menschen. Seit dem ist Schluss mit dem Bau großer Mietshäuser. Das muss sich ändern-

Die Deutschen wohnen gerne im Einfamilienhäuschen, doch damit lässt sich der Wohnungsmangel, der gerade in Städten herrscht, nicht beheben. Wo viele Menschen günstig wohnen wollen, braucht es Mietshäuser mit vielen Parteien.

Das haben Städte und Gemeinden schon einmal erkannt und zwischen den 1920er und 1980er Jahren mehrgeschossige Miethäuser gebaut. In den so genannten großen Wohnsiedlungen befinden sich rund vier Millionen Wohnungen für circa acht Millionen Menschen. Doch seit Ende der 1980er Jahre ist Deutschland weg vom Hochhaus und Plattenbau. Ein Fehler, wie die Bau- und Wohnungswirtschaft findet. „Die Weiterentwicklung dieser Wohngebiete zählt nach Einschätzung der Gutachter allein schon aufgrund ihrer großen Dimension zu den zentralen Aufgaben der nachhaltigen Stadtentwicklung und sozialen Wohnraumversorgung“, betonte Axel Gedaschko, Präsident des GdW Bundesverbandes deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen.

Das wird allerdings nicht ganz billig: Um die nachhaltige Weiterentwicklung der großen, im 20. Jahrhundert errichteten Wohnsiedlungen zu sichern, sind Investitionen in Höhe von 90 Milliarden Euro notwendig, wie eine von der Bau- und Wohnungswirtschaft beauftragte Studie ergab.

 Städte müssen zurück zum Plattenbau

Für die Bauwirtschaft ist jedoch klar, dass der diese Investitionen unumgänglich sind. Die Siedlungen bieten bezahlbare Wohnverhältnisse für breite Schichten der Bevölkerung, erbringen wichtige Integrationsleistungen, die anderen Stadtquartieren indirekt zu gute kommen und eröffnen den Kommunen Spielräume für eine sozialverträgliche Belegungspolitik, heißt es in der Studie. „Für die Bauindustrie stellt gerade der in der Studie ermittelte Neubaubedarf in großen Wohnsiedlungen von jährlich 6.500 Wohnungen mit einem Investitionsvolumen von einer Milliarde Euro eine interessante Beschäftigungsperspektive dar“, ergänzte Marcus Becker, Vizepräsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie.

„Denn Fakt ist, die Zuwanderung nach Deutschland hält an, unsere Städte wachsen weiter und die Nachfrage nach bezahlbaren und qualitativ hochwertigen Wohnungen steigt. Es lohnt sich also, den seriellen Wohnungsbau aus seinem Dornröschenschlaf zu wecken“, so Becker weiter.

Große Wohnsiedlungen haben schlechtes Image

Optimistisch stimme, dass nach Jahrzehnten der Kritik eine ästhetische Umwertung der Großformen der Städtebaumoderne zu erfolgen scheint. Ein Beleg dafür sei die aktuelle Diskussion um die Renaissance des Hochhauses. Die großen Wohnsiedlungen sind als Modelle neuen Wohnens geplant und errichtet worden. Heute können in ihnen wiederum modellartig die neuen, mit dem Wohnen verbundenen gesellschaftlichen Anforderungen angegangen werden.

Dennoch weist das Gutachten auch auf aktuelle Herausforderungen für Kommunen und Wohnungswirtschaft hin. Die großen Wohngebiete haben nach wie vor Imageprobleme und kämpfen gegen Stigmatisierungen. Aufgrund des häufig höheren Anteils von Haushalten mit Zugangsschwierigkeiten auf dem Wohnungsmarkt bedürfen die Quartiere besonderer sozialer Aufmerksamkeit. Sie sind zwar nicht die Ursache, können aber zu Austragsorten sozialer Konflikte werden.

Entscheidend für den Erfolg der Siedlungserneuerung ist nach den Analysen der Gutachter das abgestimmte Vorgehen von Stadt und Wohnungseigentümern – sowohl was die Investitionstätigkeit als auch die Beteiligung der Bewohnerschaft betrifft. Das gelingt dort am besten, wo die großen Wohnsiedlungen einen ihrer Bedeutung entsprechenden Stellenwert in der kommunalen Stadtentwicklungsplanung haben. Ebenso wichtig sei die Kooperation der Eigentümer untereinander, die umso schwieriger ist, je kleinteiliger die Strukturen sind. Quartiersbezogenes Handeln wäre dort besonders erfolgreich, wo wenige professionelle Wohnungsunternehmen kooperativ miteinander zusammenarbeiten.

Aber auch die Politik müsse ihren Beitrag leisten. Zu überprüfen seien die kostentreibenden Anforderungen unter anderem im Bereich des Klimaschutzes und Barriereabbaus ebenso wie das Vergaberecht, das die frühzeitige Zusammenarbeit von Bau- und Wohnungsunternehmen erschwert. In diesen Bereichen könne die Baukostensenkungskommission einen erheblichen Beitrag leisten.

Das Zusammenspiel der Städtebauförderung, der Wohnraumförderung und der KfW – Programme hat Erneuerungsprozesse im Quartierszusammenhang wesentlich unterstützt. Die in den letzten Jahren erfolgte stärkere Fokussierung der Förderung auf die Innenstädte solle dahingehend ergänzt werden, dass die Gebietskulisse der großen Wohngebiete wieder stärker berücksichtigt wird. Ein neues Teilprogramm der Städtebauförderung „Integrierte Weiterentwicklung großer Wohnsiedlungen“ könne hierzu einen besonders wirksamen Beitrag leisten.

Wolfgang Hawly

Zweifel am Bestellerprinzip  Bleibt der Mieter der Dumme?

 

Geht es nach der Bundesregierung, soll der Makler künftig von dem bezahlt werden, der ihn beauftragt. Kritiker fürchten allerdings Gesetzeslücken – so dass der Mieter am Ende doch das Nachsehen hat.

Bei Wohnungssuchenden waren sie eine verhasste Spezies: Immobilienmakler. Machen ein paar Fotos von Wohn- und Essbereich, schalten eine Annonce im Internet, ermöglichen ein bis zwei Besichtigungstermine und kassieren dafür eine Menge Geld. Das tragen sie gerne in Form von schicken Anzügen und schnellen Autos zur Schau – so die gängigsten Vorurteile.

Mit der Umstellung auf das Bestellerprinzip will die Bundesregierung das Maklergeschäft verändern. Zahlen soll, wer den Makler beauftragt. So zumindest will es Heiko Maas, der Bundesjustizminister. Das Gesetz, welches im Frühjahr in Kraft treten soll, ist eine Ergänzung zur Mietpreisbremse.

Doch wie so häufig weckt schon der Entwurf Skepsis bei Beobachtern. Kritiker fürchten Schlupflöcher, so dass Vermieter die Provision weiterhin umgehen können und der Mieter das Nachsehen hat.

Und die Maklerbranche? Auch sie spricht sich für Nachbesserungen aus. Laut einer aktuellen Umfrage vom Online-Immobilienmarkt Immobilienscout24 sind lediglich 52 Prozent der befragten Vermittler prinzipiell gegen das Bestellerprinzip. Zwar befürwortet demnach ein erheblicher Teil der Makler die Reform.

Aber: „Der jetzige Gesetzentwurf wird mehrheitlich als nicht praxistauglich empfunden“, sagt Volker Wohlfarth von Immobilienscout24. Der Branchenverband IVD äußerte gar verfassungsrechtliche Bedenken, selbst Abgeordnete forderten bereits, die „Makler nicht im Regen stehen zu lassen“.

Der Mieter als Ziel

Aber ist die Branche tatsächlich schutzbedürftig? Zunächst hatte das ARD-Magazin „Panorama“ darüber berichtet, dass einige Makler bereits daran arbeiten würden, das Bestellerprinzip zu umschiffen. Der Hamburger Immobilienmakler Haferkamp erklärte in der Sendung, Ziel sei, dass weiterhin der Mieter zahle. Vor allem in Toplagen werde weiterhin der Mieter die Zeche zahlen.

Haferkamp bietet ein innovatives Matching-Tool. Für potenzielle Mieter werde gezielt nach einem Wunschobjekt gesucht, Einzelbesichtigungen oder solche am späten Abend oder am Wochenende seien kein Problem.

Nur vorausgeschaut

Nach der Sendung rechtfertigte sich Makler Haferkamp, man visiere nicht eine einseitige Belastung von Mietern an. „Vielmehr steht das Unternehmen jeder Regelung, die eine faire Lösung für beide Seiten darstellt und diesen echte Leistung garantiert, offen gegenüber“, heißt es in einer Stellungnahme des Maklers. Lediglich vorausschauend habe man mehrere Möglichkeiten vorab durchdacht.

Kritiker fürchten bei solchen Matching-Ideen das Problem eines sogenannten „Umgehungsgeschäfts“. Makler könnten versuchen, dem Mieter vorzutäuschen, man habe die Wohnung in seinem Auftrag gesucht und gefunden – obwohl der Vermieter den Makler schon zuvor quasi heimlich auf seine vier Wände aufmerksam gemacht hat. Juristisch würde dieser Deal zwischen Makler und Vermieter dafür sorgen, dass der Mieter trotzdem nicht zahlen muss.

Wolfgang Hawly

Ängstliche Generation Y?                                       Viele junge Frauen scheuen Führungsrolle

 

Taffe Frauen? Von wegen: Gerade die jungen Frauen trauen sich keine Führungsposition zu, wie eine Studie zeigt. Nur 29 Prozent hätten gerne einen Job mit Leitungsfunktion.

Immer wieder wird die Generation der zwischen 1980 und 2000 Geborenen vermessen und untersucht. Zuletzt knöpfte sich das Beratungsunternehmen Universum, das INSEAD Emerging Markets Institute (EMI) und die HEADFoundation die sogenannte Generation Y vor. Sie befragten 16.000 Studierende und junge Berufstätige in 42 Ländern für ihre „Millennial-Studie“. Die Ergebnisse hatte man so alle schon einmal gehört: Work-Life-Balance geht über hohes Gehalt, Überstundenausgleich ist wichtig. Doch auch von Ehrgeiz war die Rede:Die Jungen können sich gut vorstellen, einmal Chef zu sein. Die Unter-30-Jährigen seien „ehrgeizig“ und wollen „ihre Karriere selbst gestalten“.

Das scheint jedoch nur für junge Männer zu gelten. Denn die jungen Frauen haben für den Chefposten offenbar zu wenig Selbstvertrauen. Das zeigt zumindest die Deloitte Millennial Survey 2015: Lediglich 29 Prozent der weiblichen Befragten wünschen sich eine leitende Position, bei den Männern sind es 46 Prozent. Deutschland nimmt mit insgesamt 37 Prozent potentiellen späteren Chefs im internationalen Vergleich einen der letzten Plätze ein.