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Wolfgang Hawly

Warum WeChat bald WhatsApp überholt hat – mit Recht

 

“Noch ein Messenger”, werdet Ihr jetzt stöhnen? “WhatsApp reicht mir doch”, werdet Ihr jetzt sagen. Doch hierbei geht es nicht um eine App-Empfehlung. Es geht nicht darum – obwohl es stimmt -, dassWeChat mehr kann als WhatsApp. Es geht darum, dass WeChat in China längst schon eine Supermacht ist. Eine Supermacht. Die Frage ist: Wer wird das WeChat des Westens?

Wir müssen uns nichts vormachen. WhatsApp hat in Europa, vor allem in Deutschland, die SMS ersetzt. Gekillt, würden einige sagen. Letzten Endes ist der Messenger, genau wie Google für die Suche und Facebook für Social Media, zur Infrastruktur geworden. Und wie es mit einmal eingeschlagenen Wegen so ist: Man will sie nur ungern verlassen. Fest steht: Trotz der heftigen Kritik am Kauf durch Facebook, anschließender Server-Probleme und der ein oder anderen Panik sowie Bedenken in Sachen Datenschutz ist die Nutzung von WhatsApp ungebrochen hoch. Mehr noch: Studien ergaben nun, dass der Messenger von Jugendlichen sogar stärker genutzt wird als Facebook. Gute Entscheidung, Zuck!

Mehr neue WeChat-Profile als registrierte Webseiten

Doch werfen wir einmal einen Blick in Richtung Osten. Dort, wo sich gerade Xiaomi anschickt, Samsung und vielleicht bald auch Apple anzugreifen. Wo mehr iPhones verkauft werden als anderswo. Wo das Motto “Mobile first” längst zum Standard geworden ist. Im Reich der Mitte ist es mittlerweile so: Wer dort ein Web-Business startet, der launcht nicht zuerst eine Webseite, sondern eröffnet ein WeChat-Profil. Tatsächlich werden dort täglich mehr Profile angelegt als Webseiten registriert. In Zahlen: Im zweiten Quartal dieses Jahres kam der chinesische Messenger schon auf auf 438 Millionen aktive Nutzer pro Monat – 100 Millionen außerhalb Chinas.

Warum? Weil in China sowieso die Uhren anderes ticken und Ebay, Google, Twitter und Co. seit jeher keine Chance haben, dort Fuß zu fassen – so auch WhatsApp nicht? Nein. Denn WeChat ist mehr als nur eine Chat-App. Es ist eine Plattform. In China können Nutzer nicht nur miteinander chatten, sie können Spiele spielen, Taxis und Essen bestellen, Investements tätigen und und und… Huawei verkauft über die Plattform sogar seine Smartphones. Wie Ted Livingston, CEO und Gründer des Messengers kik, in seinem Medium-Blogeintrag erklärt, ist WeChat die “Killer-app of mobile”, die Menschen nicht nur manchmal über den PC verbindet, an dem die sitzen, sondern dauerhaft und überall auf den Smartphones, die sie immer bei sich haben. Davon profitieren auch Marken. Die Zahlen sind beeindruckend: Angeblich werden 70 Prozent der 100 Millionen bislang versandten Nachrichten von Marken auf WeChat innerhalb der ersten Stunde gelesen. Werte, von denen Seitenbetreiber auf Facebook nur träumen können. Und WhatsApp? Nun ja, hier gibt es nur sehr, sehr wenige Accounts von großen Marken.

Wer oder was wird das WeChat des Westens?

Muss sich WhatsApp also auf die Übermacht aus China gefasst machen? Ganz so schnell dürften sich die beiden Systeme nicht in die Quere kommen. Aber Livingston stellt die berechtigte Frage: Wer oder was wird das WeChat des Westens sein? Snapchat? Zumindest macht der Bilder-Messenger einiges anders, vielleicht sogar besser. Seit kurzer Zeit können die Nutzer, vorerst nur in den USA, über den Service Snapcash Geld an andere Nutzer verschicken. Das wird zwar medienwirksam auch von Pornosternchen dazu benutzt, das schnelle Geld zu machen, bereichert die Plattform aber in erster Linie um eine spannende Komponente.

WhatsApp hingegen scheint sich, und das spätestens nach dem Kauf durch Facebook, dagegen zu sträuben, mehr als ein Messenger zu sein. Aus Sicht des neuen Eigentümers ist das nur verständlich, denn ansonsten würde der grüne Messenger die Dienste des blauen Riesen eventuell kannibalisieren. Insofern müssen wir uns die Frage stellen: Kann Facebook es mit den neuen Konkurrenten aus Fernost aufnehmen? Zumindest jüngste Studien lassen Zweifel aufkommen. Demnach sind Messenger mittlerweile unter Jugendlichen beliebter als das Social Network. Typische Kritik, wonach fernöstliche Technologien oder Web-Phänomene hierzulande nicht funktionieren würden, will Livingston nicht gelten lassen. Vor allem Jugendliche würden das Web längst vor allem mobil nutzen, genau wie die Jugend in China. Sie seien noch nicht festgelegt auf bestimmte Dienste oder Konzerne. Facebook hat zudem schon Anstrengungen gemacht, neben der reinen Social-Media-Funktion eine Plattform mit Apps und erweiterten Diensten aufzubauen. Allerdings sind diese noch nicht richtig zum Tragen gekommen.

Schafft Facebook noch die Trendwende?

Livingston Fazit ist hart: Facebook könnte das Microsoft des Chat werden. Genau wie der Redmonder Softwareriese eine bessere Suche hätte entwickeln und damit Google Konkurrenz machen können, so hätte Facebook schon vor langer Zeit eine Mobile-first-Chat-Plattform werden müssen, um es künftig mit Snapchat, Kik und eben auch WeChat aufnehmen zu können. 

Eine steile These angesichts der enormen Popularität des Social Networks, wie ich finde. Ich denke: Wenn auch WhatsApp schon länger in Sachen Innovation – sprich Zugang über den PC oder direkt über den Browser – hinter der Konkurrenz bleibt, so hat Facebook selbst doch die besten Chancen, und sei es durch weitere Zukäufe, die künftige Mobile-Plattform für alle zu werden. Auch wenn man über Social-Media-Firmen sagt, dass sie es noch nie geschafft haben, wirklich “mobil” zu werden, setzt das Unternehmen mit einer Vielzahl neuer Apps seine Mobile-First-Strategie um. Am krassen Wachstum von WeChat, das schon in Kürze WhatsApp eingeholt haben dürfte, wird das dennoch nichts ändern.

Wolfgang Hawly

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