Autofahrer sollten sich gut überlegen, ob sie bei einer Verkehrskontrolle dem Atem-Alkoholtest zustimmen. Zwingen kann die Polizei sie nicht. Daniel Nierenz, Anwalt für Ordnungs- und Strafrecht, erklärt, warum Sie nicht aktiv bei der Suche nach Beweismitteln helfen müssen.
Stellen Sie sich vor, Sie haben auf einer Feier zwei oder drei Gläser Bier getrunken. Sie fahren nach Hause – doch auf halben Weg geraten Sie in eine Polizeikontrolle. Wer jetzt nicht nervös wird, muss Nerven haben wie Stahlseile.
Waren die zwei halben Liter Pils schon zu viel für die Promille-Grenze von 0,5 Prozent? Habe ich eine Fahne? Was mache ich nur, wenn die Polizei verlangt, dass ich jetzt pusten muss?
Atemalkoholtest keine Pflicht !
„Ablehnen“, rät FOCUS-Online-Experte Daniel Nierenz. „Man ist gesetzlich nicht verpflichtet, einem Atemalkoholtest zuzustimmen“, erklärt der Rechtsanwalt für Ordnungs- und Strafrecht. Die Polizei dürfe einen Fahrer nicht dazu zwingen.
Zumal der Atemalkoholwert überhaupt keine rechtliche Rolle spiele, ergänzt Nierenz: „Entscheidend dafür, ob ein Fahrzeugführer noch geeignet ist, ein Fahrzeug zu fahren, ist der Blutalkoholwert. Der Atemalkoholwert liefert lediglich einen – relativ genauen – Anhaltspunkt.“ Gerichtlich verwertbar ist der „Röhrchen-Test“ nur in Bußgeldsachen. Für ein Strafverfahren kann dagegen allenfalls eine Blutalkohol-Untersuchung herangezogen werden – doch auch diese darf die Polizei nicht immer ohne weiteres vornehmen.
Warum verlangt die Polizei trotzdem den Test?
Trotz gesetzlicher Unschuldsvermutung diene der Atemalkoholtest dazu, einen Verdacht zu erhärten – nicht zu entlasten. Wenn der Polizeibeamte Letzteres behaupte, sei diese Aussage schlicht falsch, „weil immer die Unschuldsvermutung gilt, solange kein rechtskräftiges Urteil gesprochen wurde. Die Beamten haben den Verdacht, hier könnte jemand eine Trunkenheitsfahrt unternommen haben. Sie wollen Verdachtsmomente gewinnen, um den Fahrer zu überführen“, sagt Nierenz.
„Deshalb sollte man keinesfalls dem Test zustimmen und die Polizei aktiv bei ihrer Arbeit unterstützen. Kein Mensch muss sich selbst belasten oder bei der Belastung aktiv mitwirken“, erklärt Nierenz. Dazu aufrufen, alkoholisiert zu fahren wolle er mit seinen Tipps ausdrücklich nicht.
Große Chance einfach weiterzufahren
Mit diesem Wissen im Hinterkopf haben Autofahrer ein Ass im Ärmel. Denn wenn sie das Pusten ablehnen, liege es im Ermessen der Beamten, ob sie den Fahrer für einen Bluttest mit zur Wache nehmen: „Wenn die Polizeibeamten sich nicht sicher sind, ob die zulässige Promillegrenze überschritten ist, besteht eine gute Chance, einfach folgenlos weiterfahren zu dürfen.
Die Beamten dürfen nicht zu viele unbegründete Blutalkoholkontrollen vornehmen, ohne dass sie sich für die Kosten rechtfertigen müssen“, erklärt Nierenz.
“Risiko der Polizei überlassen”
„Das Risiko einer negativen Blutuntersuchung kann der Fahrer mit gutem Gewissen und gutem Recht der Polizei überlassen“, rät der Anwalt. Denn ist der Atemalkoholtest erst einmal positiv, nehmen die Beamten ihn sowieso mit zur Blutuntersuchung.
Checkliste für die Verkehrskontrolle
Läuft es schlecht und die Beamten nehmen den Verdächtigen mit zur Wache, ist trotzdem nicht alles aus. „Man sollte auf eine richterliche Anordnung zur Blutentnahme bestehen.
Verweigert die Polizei den richterlichen Beschluss, wäre die Blutentnahme rechtswidrig und unterläge einem Beweisverwertungsverbot“, argumentiert Jurist Nierenz. Das sollte man durch einen Anwalt genau prüfen lassen – und in jedem Fall der Blutuntersuchung widersprechen. Denn dann liegt zumindest keine Einwilligung vor.
Zwar besteht die Möglichkeit, dass die Polizei bei “Gefahr in Verzug” auch ohne richterliche Anordnung handelt – etwa weil das Ergebnis der Blutprobe durch eine lange Verzögerung bis zur richterlichen Anordnung verfälscht werden könnte.
Allerdings braucht es dann immer noch zumindest die Anordnung des Staatsanwalts. “Selbst darf der Beamte keine Blutalkoholtest anordnen”, sagt Nierenz.
Widerstand nur verbal!
Was der Beamte hingegen unter Berufung auf Gefahrenabwehr nach Polizeirecht unternehmen darf: Noch bei der Verkehrskontrolle die Weiterfahrt verweigern, wenn er der Ansicht ist, dass der Fahrer nicht verkehrstüchtig ist.
Der Ordnungsrecht-Experte Nierenz rät jedoch dazu, niemals körperlich Widerstand gegen die Polizeibeamten zu leisten und immer freundlich zu bleiben. „Die machen auch nur ihre Arbeit“, sagt Nierenz.
Wie geht es nach dem Bluttest weiter?
Liegt die richterliche Anordnung vor und weisen die Beamten per Bluttest einen unzulässigen Blutalkoholwert nach, drohen ein Ordnungswidrigkeiten-Verfahren oder sogar ein Strafverfahren.
Wer zahlt was?
„Die Kosten für Blutuntersuchung muss immer derjenige bezahlen, der im Unrecht ist. Sollte also eine Blutalkoholkonzentration von mehr als 0,5 Promille nachgewiesen werden, muss man die Kosten des Verfahrens und die Strafe bezahlen“, sagt Nierenz.
Liegt die Blutalkoholkonzentration unterhalb dieses Wertes, trägt der Staat die Kosten.
Strafenkatalog
Autofahrern, die erwischt werden, drohen ein Bußgeld von 500 Euro, ein Monat Fahrverbot und vier Punkte in Flensburg (bis 1,09 Promille handelt es sich um eine Ordnungswidrigkeit).
Wer zum zweiten Mal erwischt wird, zahlt 1000 Euro (drei Monate Fahrverbot, vier Punkte). Wernoch häufiger mit zu viel Alkohol im Blut unterwegs war, zahlt sogar 1500 Euro (drei Monate Fahrverbote, vier Punkte).
Ab einer Alkoholkonzentration von 1,1 Promilie spricht der Gesetzgeber von “absoluter Fahruntüchtigkeit”. Es blühen bis zu 3000 Euro Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren (mindestens sechs Monate Fahrverbot, sieben Punkte).
Hinzu kommen die Kosten für den Test selbst und Verwaltungsgebühren, was sich je nach Behörde mit mehreren 100 Euro niederschlagen kann.
Nierenz’ Checkliste
Niemals einem Atemalkoholtest zustimmen.
Niemals freiwillig einer Blutalkoholuntersuchung zustimmen, wenn keine richterliche Anordnung vorliegt
Niemals Widerstand leisten
Quelle FOCUS-Online-Autor Jonas Fehling
Am sichersten, keinen Alkohol am Steuer
Wolfgang Hawly