Wolfgang Hawly

Social Media Weekly: E.ON – Ich lagere dann auch mal meine Schulden in eine Bad Bank aus!

Aus eins mach zwei – E.ON will sich in zwei Unternehmen aufteilen. Das Geschäft mit Atomkraft, Kohle und Gas soll abgespaltet und in eine neue Gesellschaft ausgelagert werden. Kern der E.ON SE ist dann der Bereich Erneuerbare Energien. So entsteht eine umsatzmäßig um die Hälfte geschrumpfte neue E.ON SE.

Auslöser des radikalen Strategiewechsels des bislang größten Energieversorgers Deutschlands: die Energiewende. Die Radikalität dieses Schritts hat auch mich überrascht. Sonntagabend hat der Vorstand begonnen, seinen Strategieschwenk zu verkünden und zu erklären – seitdem ist E.ON zumindest im Social Web ein Top-Performer. Das wiederum überrascht mich angesichts der Maßnahmen dann wieder weniger.

„Weihnachts-Tweet“

Mehr als 3.400 deutschsprachige Tweets drehen sich allein um das Thema Strategieschwenk von E.ON; kein anderes Unternehmen erregt derzeit so stark die Aufmerksamkeit der Twitter Community. In über 500 dieser Kurznachrichten wird sich entweder positiv oder negativ zum Energiekonzern und seine Pläne geäußert – auch das ist ein hoher Wert.

In den drei Tagen vor dem Überraschungscoup waren es lediglich knapp 300 Nachrichten. Während dieser Zeit vor der Bekanntgabe des Strategieschwenks hatten sich die Twitterer insbesondere über die Themen Verkauf der Mehrheit der E.ON-Anteile an zwei Windparks in den USA und des Spanien-Geschäfts informiert und ausgetauscht.

In vorweihnachtlicher Stimmung hatte eine Nachrichtenagentur in einem „Weihnachts-Tweet“ darüber berichtet, dass beim Energiekonzern durch das Abstoßen von Beteiligungen noch vor Weihnachten die Kassen klingeln würden, um die Schuldenlast zu senken. Diese Nachrichten kamen überwiegend gut in der Twitter Community an.

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Stimmungswende bei E.ON auf Twitter

Nach der Bekanntgabe der radikalen Umbaupläne ist die Stimmung auf Twitter klar ins Negative gekippt. Etwa sechs Mal so viele Kurznachrichten zu E.ON sind in den drei Tagen nach der Bekanntgabe der Aufspaltungspläne des Energiekonzerns aus Düsseldorf in einem negativen Ton gehalten als in einem positiven, wie der präzise und umfassende Blick auf die Kurznachrichten mit unserem Social Intelligence-Tool Attensity Analyze zeigt.

Die Twitterer fremdeln mit den Plänen. So gibt @pageissler zu bedenken: „An wen will E.ON die Kohle-, Gas- und Atomkraftwerke eigentlich verkaufen, wenn sich diese doch nicht mehr lohnen?“.

Tja, das wird sich zeigen. @MKreutzfeldt meint argwöhnisch: „Müsste die Meldung nicht eher lauten: E.ON spaltet sich auf, um mit Erneuerbare Energien- und Vertriebsgewinnen nicht für Atom-Folgekosten haften zu müssen?…“. Das fragten sich zu recht viele Twitterer. 107 Mal ist dieser 140-Zeiler weitergesendet worden und ist damit die Nummer eins unter den Tweets mit den meisten Retweets.

E.ONs atomare Bad Bank

Entscheidend für die negative Stimmung in der Twitter Community ist genau dieses Thema: der Ausstieg aus dem Geschäftsfeld Atomkraft und die sogleich aufkommende Rede von einer Bad-Bank-Lösung.

Den Deutschen ist ein solches Konstrukt seit der Finanzmarktkrise bestens bekannt. Es wurde seinerzeit auch in Deutschland eingesetzt, um angeschlagene Banken vor dem Konkurs zu bewahren.

Dafür werden Risiken wie zum Beispiel problematische Wertpapiere in dieses neue Institut ausgelagert. Der Clou: Für die Risiken haftet der Sicherungsfonds der Bad Bank oder der Staat – und damit letztendlich der Steuerzahler. Kann gut gehen, muss es aber nicht.

Auf jeden Fall ist es ein heikles Terrain für jeden Minister. Während Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel bei seinem Statement zu den E.ON-Plänen denn auch auf die bewährte Karte Arbeitsplätze setzte („Wir gehen davon aus, dass die Arbeitsplätze in beiden Unternehmen gesichert bleiben“), witterten die Grünen sogleich eben diese atomare „Bad Bank“ und damit die Gefahr erheblicher Risiken für die Steuerzahler.

So sichert man sich Aufmerksamkeit. „Ich befürchte, dass E.ON eine Bad Bank für seine sieben Atomkraftwerke schafft, die von den Steuerzahlern gerettet werden muss“, sagte die Energie-Expertin der Grünen-Bundestagsfraktion Bärbel Höhn. Diese Meldung ist dann blitzschnell auf Twitter verbreitet worden – und trug entscheidend zu dem negativen Bild über E.ON bei.

Sich formierende E.ON-Gefolgschaft

Ein klares Nein erhielt E.ON für seine Pläne, durch die Aufspaltung in zwei Unternehmen die Risiken des Atomkraftwerkgeschäfts in eine Art „Bad Bank“ auszulagern, von @AntonSeib: „#E.ON will eine Art ‚Bad Bank‘ für seine Atomkraftwerke gründen und die Risiken den Steuerzahlern aufbürden. Dazu ein klares Nein!“.

@haraldpaulick kommentiert: „E.ON baut Konzern um, heißt gründet BAD BANK, um alle Risiken dem Steuerzahler zu übertragen. UND die Politik stimmt zu…“. Angesichts Gabriels wohlwollender Worte zu den Plänen argwöhnen Twitterer, dass er bereits für seine Berufslaufbahn nach der aktiven Ministerarbeit plant. So twittert @3mausimhaus: „#EON will seine Atom-Altlasten in eine mager kapitalisierte Bad Bank auslagern. #Gabriel begrüßt die Entscheidung; braucht bald einen Posten.“

Da dachte sich vielleicht @pukki01 „Was bei den Großen geht, das klappt vielleicht auch bei den uns Kleinen“: „Ich folge E.ON & lagere meine Schulden, etc. auch in eine ‚Bad Bank‘ aus. Muss dann nur noch Schäuble informieren…“. Ja, wenn es damit getan wäre…

Quelle: http://www.huffingtonpost.de/thomas-dreikauss/

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